Chinesisches Neujahr in Singapur


Das chinesische Neujahr (abgekürzt CNY für Chinese New Year) ist eines der Highlights des Jahres in Singapur. Aufgrund des starken chinesischen Einflusses auf Singapur feiern viele Familien CNY, die Haupttage sind sogar offizielle Feiertage und die meisten Studierenden verbringen die Festtage bei ihrer Familie - für diejenigen mit chinesischer Abstammung bedeutet das eine Reise zurück nach China.
Gerade für Austauschstudenten ist diese Zeit eine Möglichkeit, die Kultur besser kennenzulernen und ein neues kulturelles Fest zu erleben. Ich hatte dank meinen Freunden Jenny und Paul das Glück, bei zwei unterschiedlichen Familienfeiern eingeladen worden zu sein, die unterschiedlicher nicht sein hätten können. Über diese Erlebnisse und generell über die Zeit des chinesischen Neujahrs in Singapur werde ich euch hier berichten.
Prinzipiell sind die Tage des CNY wie jeder andere Feiertag: Die meisten Läden und Restaurants haben geschlossen, die öffentlichen Verkehrsmittel sind in abgeänderten Intervallen unterwegs (oft gar länger wegen der Feuerwerke) und im Fall der NUS (National University of Singapore – meine Universität) hatten – zum Leiden der Studierenden – auch die Pools und Fitnesscenter geschlossen. Bei den meisten Hawker Center sind 90 % der Geschäfte zu, die restlichen Stände verlangen meistens eine Extragebühr (rund 1 $) für jede Mahlzeit in der Zeit des CNY. Das Mustafa Center ist eines der wenigen Ausnahmen, in dem in Little India auf 4 Stockwerken in einem riesigen Gebäude trotz Feiertag 24 Stunden, 7 Tage die Woche so ziemlich alles verkauft wird, was man jemals brauchen könnte. Mit sechs Ein- und Ausgängen inklusive Kassen ist das Center der indische Walmart von Singapur.
Ganz außergewöhnlich sind jedoch die Feuerwerke, die nicht nur am New Year’s Eve abgehen, sondern eine ganze Woche lang jeden Abend bei Marina Bay geschossen werden. Als persönlicher Fan von koordiniertem Feuerwerk war die Show ein absolutes Highlight. Die Show findet über Marina Bay statt, die beste Sicht ist entweder von „The Float at Marina Bay“, wo eine riesige Tribüne steht, oder vom Merlion aus. Bei The Float sind auch einige Statuen (unter anderem die chinesischen Sternzeichen) und Pop-Up Stände, sowie ein großer Jahrmarktähnliche Kinderspielbereich. Ein Besuch zu Chinese New Year bei The Float ist ein Muss!
Eine andere Möglichkeit am New Years Eve ist, nach Chinatown zu fahren und das Feuerwerk, die Firecrackers, die Last-Minute-Sales bei den Märkten sowie die tanzenden Löwen zu beobachten. Zuerst ging es für uns ins Chinatown Complex Food Centre, anschließend stürzten wir uns in die Märkte, wo an jedem Stand eine Person mit Mikrofon und Lautsprecher versucht, möglichst viele Kunden für den Schlussverkauf für sich zu gewinnen. Gerade gegen Ende werden die Deals immer besser, so zahlten wir 2 $ für rund 100 Mandarinen und 10 $ für einen Sack Moji, angeboten wurden unter anderem auch unzählige Erdnüsse, getrockneter Seetang, ein interessantes Glibber-Getränk und unzählige CNY-Snacks & Süßigkeiten. Die Straßen und Märkte sind komplett voll, die Menschenmassen drängen durch Chinatown und beim ganzen Kosten der Speisen, Kaufen der Snacks und Bestaunen des (Über)Angebots an Waren verliert man jegliches Zeitgefühl und jeglichen Orientierungssinn. Kurzum: Auch ein Muss bei CNY in Singapur.
Abschließend will ich euch meine zwei kulturellen Erfahrungen von authentischem chinesischem Neujahr nicht vorenthalten: Mit Paul durfte ich bei der Familie seines Buddys zum ersten Mal Steamboat, ein auf Tom Yam Soup basierendes Fondue/Hotpot, ausprobieren. In die Suppe werden dann verschiedene Gemüse-, Fleisch- und Fischsorten, sowie Dumplings, Noodles und Meeresfrüchte gegeben und zum Kochen gebracht. Je nach Zutat beträgt die Kochzeit zwischen 30 Sekunden und 5+ Minuten, herausgefischt werden die einzelnen Bestandteile entweder mit einem Sieb oder mit den Stäbchen. Jeder hat sein eigenes Schüsselchen, in das immer wieder ein Schöpfer Suppe nachgeschenkt wird und so wird für eine Stunde gegessen, bis alle satt sind (oder fast platzen, wie in unserem Fall).
Auch bei den Getränken durften wir die Klassiker in Singapur probieren: Heiße Schokolade namens „Milo“ (wird meistens kalt und mit Eiswürfeln getrunken), 100Plus (ein isotonisches Getränk vergleichbar mit Gatorade oder Powerade) und ein extrem süßer Zitronengras-Tee, welcher angeblich für Detox verwendet wird. Als Dessert durften wir uns durch die süßen und salzigen (vor dem Abendessen wurden uns bereits Cookies, Kirschen und Heidelbeeren angeboten, also hier wird die „zuerst salzig, dann süß“-Regel nicht so genau genommen) chinesischen Snacks kosten: Krabben- und Hühnchenhäppchen in Miniatur-Teigtaschen bzw. kleine Frühlingsrollen (mMn nicht wirklich zu empfehlen), Pinapple-Tarts (Kekskugeln gefüllt mit Ananas), Erdnusskugeln uvm. Nach gefühlten 1.000 Kalorien und vielen beantworteten Fragen über Österreich und unsere Universität machten wir uns wieder auf den Weg nach Hause.
Die zweite CNY-Party war ein komplettes Gegenteil zum intimen Familienessen am zusammengebastelten Esstisch der Wohnung: Jenny, ihr Buddy Gabriel, dessen Schwester und ich fanden uns in einem großen Haus mit ca. 30 anderen Verwandten, Freunden und Nachbarn vom Onkel von Jennys Buddy, wobei alle 15 - 20 Minuten neue Leute kamen und sich andere Gruppen verabschiedeten. Als Gastgeschenk bringt jeder Gast zwei große Mandarinen mit und übergibt sie (in jeder Hand eine Mandarine) an die Gastgeberin bzw. den Gastgeber, während man „Happy New Year“ wünscht. Dafür erhält man zwei andere Mandarinen retour, die ein anderer Gast mitgebracht hat. Zusätzlich bekamen wir von Gabriels Tante einen roten Umschlag geschenkt, in dem sich Geldnoten befinden. Diese „Red Packets“ sind traditionell die Geschenke, die von älteren Generationen an die jüngeren Generationen als Geschenk zu Neujahr gegeben werden.
Zu essen und zu trinken gab es reichlich, von Laksa über Chicken Rice (siehe Fotos) bis hin zu „Braised Pork Knuckle Soup“ und einer Gemüsesuppe. Auch hier waren die chinesischen Neujahrssnacks in Fülle vorhanden und so wurden wir wieder auf eine salzige und süße Tour durch die verschiedensten Geschmäcker geschickt. Im Anschluss wurden die Tische fürs „gambling“, also die (Glücks)spiele, vorbereitet. „In Between“ (bedeutet so viel wie „dazwischen“) und Blackjack (auch „21“ genannt) wurden gespielt und einige Überraschungen im Spiel sorgten bei allen Generationen für Belustigung.
Als letzte Tradition war es dann Zeit für den „Salad Toss“ (Yee Sang – siehe Fotos), bei dem auf zwei großen Tellern Salate in Glück bringenden chinesischen Zeichen angerichtet wurden und rundherum das „Schlachtfeld“ vorbereitet wurde. Nach einer genauen Prozedur, welche Zutaten zu welchem Zeitpunkt drübergestreut werden, war es Zeit für den wirklichen „toss“ (also „werfen“). Wortwörtlich: der Salat wurde mit Riesen-Stäbchen durch die Luft geschleudert, besonders die jüngere Generation hatte einen Heidenspaß und laut riefen alle jedes Mal „huat“ (= „Prosperity“, also Wohlstand“, wenn sie den Salat hochwarfen. Dieses Spektakel war ein absolutes Highlight, im Download-Bereich dieses Posts befindet sich ein kurzes Video. Ein Video vom Feuerwerk habe ich auch angehängt, die restlichen Fotos vom Neujahr befinden sich unten bzw. auf der Seite. Happy CNY euch allen!