Recess Week in Vietnam


Hier in Singapur finden an den Universitäten mitten unter dem Semester eine Woche lang keine Kurse statt (bzw. aufgrund der aktuellen Covid-19-Lage sind viele Kurse sowieso online). Diese Woche nennt sich „Recess Week“. Angeblich ist diese Woche dazu da, sich auf die Hausübungen und Präsentationen vorzubereiten und für die Midterm-Prüfungen zu lernen. Für die Austauschstudenten bedeuten zehn freie Tage natürlich genau eines: Reisen!
Die beliebtesten Destinationen für diese Zeit waren Philippinen, Thailand, Indonesien und Vietnam, wenige Studierende flogen nach Australien und Japan. Ich verbrachte die Woche mit in Vietnam und kam mit über 1000 neuen Fotos, einer Liebe zu Banh Mi und Pho und unvergesslichen Erfahrungen nach Hause.
Ein paar Informationen zu Vietnam vorab:
Vietnam hat ca. 95 Millionen Einwohner (knapp 75 % ohne Religion!) auf einer Fläche von ca. 330.000 km2 (vgl.: Deutschland ca. 360.000 km2), von Hanoi im Norden nach Ho Chi Minh im Süden würde man 31 Stunden mit dem Auto fahren. Die Währung ist Vietnamesische Dong (26.000 Dong = 1 €) und der durchschnittliche Preis für ein Banh Mi (gefülltes Baguette-Sandwich) ist rund um 1 €, für Pho 1-2 €. Vom Kommunismus bekommt man als Tourist nicht viel mit, außer den Flaggen mit Hammer & Sichel. Hauptverkehrsmittel: Moped. Wahrscheinlich am öftesten getauschtes Teil des Mopeds: Die Hupe, denn sie wird ständig verwendet.
Die Reise startete zu neunt in Ho Chi Minh (auch „Saigon“ genannt), wo wir bei der Großmutter einer Studienkollegin Abendessen durften und so mit vielen authentischen Speisen begrüßt wurden. Uns wurden selbstgemachte Frühlingsrollen, marinierte Hühnerkeulen und Rindfleisch-Pho serviert, außerdem gab es frische Kokosnüsse, Mangos und viele andere Früchte. Ein Foto von unserer Gruppe (inklusive der Oma von An) beim Abendessen siehst du hier. In Ho Chi Minh kämpften wir uns auch durch den Ben Thanh Markt, sahen die Stadt von oben vom Saigon Skydeck (im Bitexco Financial Tower), bewunderten die (leider geschlossene) Notre Dame Kathedrale und die zentrale Poststelle (damals von den Franzosen gebaut).
Der Morgen des nächsten Tages begann mit dem besten Spiegelei-Banh Mi der ganzen Reise, als erste Kunden um 6 Uhr Früh bei einem Straßenstand in der Nähe unseres Hotels. Im Anschluss saßen bzw. lagen wir in einem Bus, der uns nach Can Tho brachte, wo wir gleich nach dem Check-in eine Tour zur Insel Con Son machten und dort zu einer Fischfarm geführt wurden, wo man die Fische beobachten konnte, wie sie dem Futter entgegenspringen ("Jumping Fish") und eine Koikarpfen-Massage bei den Füßen bekamen (siehe Foto). Außerdem zeigten wir unser Bäckertalent und verspeisten Hotpot sowie das selbstgemachte Dessert in den Blättern (siehe Foto). Nach einem Glücksfund der (meiner Meinung nach) einzigen coolen Bar in der ganzen Stadt mussten wir schon bald ins Bett, da wir am nächsten Morgen um 5:30 in der Früh abgeholt und zu den Floating Markets („Treibende Märkte“, also ein Markt bestehend aus vielen Booten) gebracht wurden. In der Nähe des Markts wurde uns auf einer Insel gezeigt, wie Reisnudeln hergestellt werden und besuchten auch eine Kakaofarm. Nach einer idyllischen Spazierfahrt im Boot durch die Kanäle machten wir uns wieder auf zur Busstation und reisten mit Bus und Flugzeug nach Hue, in die Mitte von Vietnam.
In Hue gab es meiner Meinung nach das beste authentische Essen der Region, wir waren bei Madame Thu und Maison Trang und beide hatten himmlisches Essen. Außerdem war der Palast sehr beeindruckend und definitiv einen Besuch wert, genauso wie die Mausoleen von Tu Duc und Familie und der Markt Dong Ba. Zum Markt sind wir mit einem privaten Drachenboot (dafür ist Hue bekannt) über den Fluss gefahren, wo wir durchgehend zum Kaufen von Souvenirs angeregt wurden, was aufgrund der Sprachbarriere zu sehr heiteren 15 Minuten führte (siehe Foto).
Mit dem Zug ging es am 4. Abend nach Da Nang, wo wir ziemlich spät (1 Uhr früh) erst entschieden und buchten, was genau wohin am nächsten Tag fahren wollen. Wir haben uns nach langem hin und her dafür entschieden, zur Goldenen Brücke auf die Ba Na Hügel zu fahren, trotz Unsicherheit bezüglich des Wetters (oftmals sehr nebelig), was sich als richtige Entscheidung herausgestellt hat. Das Wetter war perfekt und die Attraktionen haben uns sehr überrascht, da wir keine „Universal Studios am Berg“ erwartet haben. Vor Ort haben wir auch andere Reisende kennengelernt, unter anderem aus Singapur, mit denen wir auch Fotos gemacht haben (siehe Foto vor der Buddhastatue). Sie sind anschließend mit uns zu den „Marble Mountains“ gefahren und haben mit uns Höhlen erkundet und die Küstenlandschaft von oben bewundert. Am Abend fuhren wir noch zum Strand, bewunderten den Sonnenuntergang und checkten in unserem Homestay in Hoi An ein.
Hoi An ist meiner Meinung nach die schönste Stadt in Vietnam. Die Altstadt ist ein UNESCO-Weltkulturerbe und nach einem Tag versteht man bereits den Grund dafür. Kleine Gassen, Laternen und viele (erstaunlich gut erhaltene) alte Gebäude schaffen ein einzigartiges Flair, das ich in Vietnam kein zweites Mal gesehen habe. Kleine Läden, hauptsächlich Cafés, Restaurants, Ledergeschäfte, Fotografie- oder Kunsthändler und Schneider komplettieren die idyllische Atmosphäre. Den Abend verbrachten wir mit Freunden, die wir in Ho Chi Minh schon getroffen hatten, und ihren Zimmerkollegen aus Großbritannien. Das drittbeste Banh Mi der Reise durften wir hier verspeisen, nämlich im Phi Banh Mi.
Von Hoi An ging es mit Bus und Flugzeug nach Hanoi, in die Hauptstadt Vietnams. Ein weiteres Mal eher spontan gebucht, durften wir – ein weiteres Mal – früh aufstehen und wurden mit dem Bus zu Ha Long Bay gebracht, wo wir weitere Freunde von der Universität trafen. Mit hohen Erwartungen bestiegen wir das Boot, welches uns zu drei Inseln fahren sollte. Begrüßt wurden wir mit einem grandiosen Mittagessen an Board (siehe Foto mit dem großen Fisch – zu fünft teilten wir uns die vielen Köstlichkeiten) und bald schon waren wir inmitten der Insellandschaft. Die Inseln und das gesamte Bay-Areal sind unglaublich beeindruckend und atemberaubend (nicht nur wegen der vielen Stufen, die man besteigt, um zur Aussichtsplattform zu kommen), doch auch große Höhlen erstaunen in Ha Long Bay. Abgerundet wurde die Tour mit der Möglichkeit, mit einem Kajak durch eine relativ kleine Verbindungshöhle in einen abgelegenen Bereich inmitten einer Insel zu paddeln, was nicht nur sehr viel Spaß gemacht, sondern auch für nasse Hosen gesorgt hat (wurden natürlich nicht gewarnt, dass man im Nassen sitzt – im Anschluss standen alle an Deck und ließen ihre Hinterseite sonnen). Abends fanden unser zweitliebstes Banh Mi – bei Banh my P (unbedingt das Grilled Chicken wählen!), was glücklicherweise ganz nah an der Beer-Street lag und dadurch der Weg zum 40-Cent-Bier (10000 Dong), wo unsere Freunde und neue Bekannte von der Tour nicht weit waren. Nach ein paar geleerten Bechern machten wir uns auf in einen Club und tanzten dort bis zur Sperrstunde.
Der letzte volle Tag war ganz für Hanoi reserviert, da es dort einige Sehenswürdigkeiten zu entdecken gibt. Nach einem der besten Pho der Reise (ja, man isst in Vietnam Suppe zum Frühstück) besuchten wir das „Hanoi Hilton“. Nein, das ist kein Hotel, sondern der Name, den die gefangenen amerikanischen Kriegssoldaten dem Hoa Lo Gefängnis gegeben haben, weil sie so gut behandelt wurden (im Gegensatz zu den politischen Gefangenen während der Herrschaft der Franzosen). Im Anschluss trafen wir zwei Freunde, die dauerhaft in Hanoi leben und mit uns in ein typisch vietnamesisches Restaurant gingen. Außerdem stand am Programm: Die Train Street (man glaubt gar nicht, wie nah dieser Zug an den Häusern vorbeifährt, bis man es selbst erlebt hat), der Flag Tower, die Literaturpagode (empfehlenswert & vergünstigt für Studenten), das Ho Chi Minh Mausoleum (aufgrund der Öffnungszeiten leider nur von außen), die Tran Quoc Pagode (mit wunderschönem Sonnenuntergang), die Kathedrale Sankt Josef, das Note Coffee (wo alles mit Post-Its zugeklebt ist, ein Muss in Hanoi) und letztendlich auch die Expat-Area (wenn auch nur am Weg zum Club).
Am Samstag mussten wir uns von dem wunderschönen Land leider wieder verabschieden, denn die Prüfungsphase rief schon nach uns – am Montag danach stand die erste Midterm-Prüfung an, am Freitag die zweite. So schnell waren wir zurück im Alltag angekommen, mit dem Gefühl so viel in so kurzer Zeit erlebt zu haben (und mit dem Gefühl einen Urlaub vom Urlaub zu brauchen).
Zahlen und Fakten der Reise:
Geschossene Fotos: 1148
Gegangene Kilometer: 123,6
Durchschnittliche Anzahl an Stunden Schlaf pro Nacht: 5h 16min
Gegessene Banh Mi: 14
Gegessene Schüsseln Pho: 7